Suebull's Indian Spirit "Indy"

Mai 2016 bis Juli 2016: Vom Welpen zum Junghund. Erste Erziehungsschritte

Eine Woche Urlaub blieb mir nach unserer Rückkehr aus Schweden, um Indy an sein neues Leben zu gewöhnen. Der erste Härtetest, den wir ihm gerne noch erspart hätten, bestand in einer Geburtstagsfeier. Viele neue Menschen, Restaurantatmosphäre: Für einen kleinen Hund ungewohnt und zwei Tage nach der Ankunft in einem neuen Umfeld eigentlich viel zu früh. Abgesehen von leichten Unsicherheiten gegenüber fremden Personen verhielt er sich erstaunlich routiniert. Die Möglichkeit zum Spazierengehen half uns, ihm den Tag ein wenig zu erleichtern.

Die nächsten Tage bestanden aus vielen Spaziergängen, ganz viel Ruhe und Spielen. Von vornherein wollte ich auf sehr viel Gelassenheit im Umgang mit Indy Wert legen und ganz gezielt Ruhephasen einlegen. Indy nahm das gerne an und begriff sehr schnell, dass der Klappsessel nicht zum Toben, sondern für eine gemeinsame Auszeit gedacht ist. Schon bald legte er sich sofort zu mir, wenn ich es mir dort bequem machte (und nicht auf dem Sofa), suchte Körperkontakt und begann leise zu schnarchen.

In Indy haben wir einen äußerst angenehmen Autofahrer. Von den bisher vier Hunden, die bei uns lebten, ist er der Entspannteste. Der Sprung ins Auto fiel zu Anfang schwer, er brauchte noch ein wenig Hilfe, doch nicht sehr lange. Kaum im Auto, rollt er sich zusammen und schläft tief und fest. Während jeder andere Hund bei Ausfahrten der Autobahn, bei stärkerem Abbremsen oder gar Anhalten aufgestanden ist, pennt Indy weiter nach dem Motto: "Sagt Bescheid, wenn wir angekommen sind." Um uns diese positive Einstellung zu erhalten, wurde der erste Tierarztbesuch schnell ein wenig umfunktioniert. Peter war ein wenig früher dort und saß bereits im Wartezimmer, als wir ankamen. Welch Freude! Der erste Besuch beim Tierarzt - in der zweiten Woche in Deutschland - ist für uns ein Pflichttermin. Indy wurde vorgestellt, ohne dass eine Untersuchung notwendig war. Wir besprachen die nächsten Impfungen, damit war der erste Besuch bereits absolviert. Ein gegenseitiges Kennenlernen, mehr nicht. Der zweite Besuch, bei dem eigentlich eine Impfung geplant war, fiel in eine extrem sensible Phase. Die "spooky time" im 5. Monat erlebte Indy sehr extrem. Nichts war mehr normal, er zeigte massive Ängste, wir erkannten unseren Hund nicht wieder. Dinge, die für ihn bereits alltäglich waren, versetzten ihn für zwei bis drei Wochen erneut in höchste Alarmbereitschaft. Zum ersten Mal erlebten wir ihn mit eingeklemmter Rute und überaus unsicher. Wir begleiteten Indy gelassen durch diese Phase, indem wir seinen Aktionen keine besondere Beachtung schenkten. Neues ersparten wir ihm nach Möglichkeit ebenso wie aufregende Erlebnisse. Der Tierarztbesuch wäre fast zu einer Katastrophe geworden, doch unser Tierarzt erkannte die Lage, setzte sich kurz zu uns ins Wartezimmer und gemeinsam verschoben wir den Termin um zwei Wochen. Beim zweiten Termin präsentierte er sich wieder völlig normal, liess sich Blut abnehmen und geduldig untersuchen. Der Spuk war vorbei.

Regeln im Haus:

Im Haus galten zunächst konsequente Regeln: kein Sprung auf das Sofa, auf Sessel oder gar in die Betten. Futter nur aus dem Futternapf, kein Füttern vom Tisch, sondern wenn, aufstehen und ab damit in den Futternapf. Das Geräusch, wenn etwas in den Futternapf fällt, liess Indy sehr bald aus dem Tiefschlaf aufschrecken. Er besitzt eine Spielzeugkiste, aus der er sich selbstständig bedienen darf. Am Einräumen arbeiten wir noch. Besonderes Spielzeug wird von uns gelagert. Es ist zweckbestimmt und soll etwas Besonderes bleiben. Dass Schuhe nicht zum erlaubten Spielzeug gehören, verstand Indy lange Zeit nicht - oder wollte es nicht verstehen. Daraus ergab sich folgende Regel: fehlt ein Schuh, war es der Hund. Fehlen beide Schuhe, hat sie vermutlich ein Zweibeiner weggeräumt. In den ersten Wochen war der häufigste Satz: "Hat jemand meinen Schuh gesehen?" Auch die Körbe mit Schmutzwäsche fand er spannend.

"Bringe ihn nicht in Versuchung" ist unser Motto. Indy sollte keine Gelegenheit bekommen, etwas vom Tisch zu nehmen, Durcheinander zu veranstalten oder Mülleimer auszuräumen. Die Schuld, wenn etwas passiert, liegt bei uns. Die Schäden hielten sich in Grenzen. Einige abgerollte Toilettenpapierrollen, eine kaputte Vase (die wir uns bis heute nicht erklären können. Wir vermuten eine Hund/Katze-Zusammenarbeit), mehrfach ausgeräumter Papierkorb, ein tot geschüttelter Broccoli (macht eine ganz schöne Schweinerei ...) nichts Dramatisches also. Natürlich waren wir unachtsam. Ich erwischte Indy, wie er den Mozzarella von meinem Brötchen klaute, als ich kurz den Raum verlassen hatte. Bei solchen Gelegenheiten gab es natürlich ein Donnerwetter. Da Indy bereits durch die Lautstärke des "NEIN!" beeindruckt war, genügte das meistens. Und so klappte es mit dem Zusammenleben im Haus enorm schnell. Einer der Vorteile war vermutlich Indys Alter, als er zu uns kam. Er war bereits stubenrein und kannte bereits zahlreiche Regeln.

Jeder Welpe ist individuell. Wir waren begeistert von unserem neuen Familienmitglied. Eine enge Bindung würde fast von selbst entstehen. Gehorsam zeigte Indy von Anfang an in fast streberhafter Weise. Natürlich gab es auch Schwächen, die uns als Familie herausforderten. Zum Teil dürften diese (auch) in der späten Übernahme begründet sein. Es war ersichtlich, dass Indy häufig die Sicherheit seines Rudels vermisste. Uns vertraute er (noch) nicht genügend.

Begegnungen

Die erste echte Problematik stellte sich durch Hundebegegnungen, die sich natürlich nicht vermeiden lassen. Die Brut- und Setzzeit bis Mitte Juli bedeutet für alle Hunde Leinenzwang und in unserer Situation ein kontrolliertes Zusammentreffen mit fremden Hunden. Alle sind angeleint. Auch für Indy beschränkte sich der Freilauf auf 7,5 Meter Leine sowie unseren Garten. Alles hat auch positive Seiten: Wir konnten bis Juli den sicheren Rückruf trainieren.

Dennoch verliefen die ersten Spaziergänge dramatisch. Die völlig neue Umgebung, möglicherweise auch der erneute Umzug, verunsicherten ihn. Im Haus lauerte eine Herausforderung namens Miss Marple, unserer Katze. Außerdem mussten wir dringend mit der Gewöhnung an unzählige Dinge beginnen, denn nach wie vor schreckte Indy vor Neuem zurück. Vieles galt es jetzt anzugehen und zu bewältigen ohne Indy dabei zu überfordern.

Jeder in der Familie, der mit Indy unterwegs war, teilte den anderen die Beobachtungen mit. Gemeinsam wurde analysiert und nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Uns war klar, die nächsten Monate sind entscheidend, um aus einem Junghund einen stabilen, vertrauensvollen Hund zu machen.

Neben der Erziehung mussten wir an zwei Dingen intensiv arbeiten. Am Kontakt zu Menschen sowie an der Begegnung mit anderen Hunden. Die Hundebegegnungen erhielten erste Priorität, weil sie schwer zu beeinflussen waren. Gleich in den ersten Tagen sprangen während eines Spaziergangs zwei Hunde über den Zaun, um Indy zu begrüßen. Der geriet völlig in Panik, versuchte schreiend zu flüchten. An einem anderen Tag leinte ein Hundebesitzer seinen Hund ab, als er Indys Panik sah ... "das muss er lernen", war sein Kommentar dazu. Somit erkannten wir sehr schnell, dass diese Problematik ohne großes Zutun sehr schnell zu unerwünschtem Verhalten führen würde. Beim Zusammentreffen mit fremden Menschen geriet er nicht in Panik, sondern begann zu bellen. Doch zumindest in unserer Gegend lassen sich diese Treffen eingrenzen.

Hundetreffen mussten her - und zwar mit kompetenter und kontrollierter Begleitung, um diese Erlebnisse möglichst positiv zu festigen. Wir verabredeten uns mit einer Freundin, selbst Hundetrainerin, und ihren drei Hunden auf dem Hundeplatz, um Indy an andere Hunde heranzuführen, ohne eine Eskalation zu riskieren. Offenbar hatte er sich bisher im Schutz seines eigenen Rudels sicher gefühlt und kannte mehr oder weniger nur weiße Hunde. Wir nahmen zunächst eine Weiße Schäferhündin mit in den Freilauf. Indy stutzte - man konnte ihn förmlich denken sehen: ach ... weiß ... richtig, das kenn ich ja. Bald tobte Indy mit ihr über den Platz. Entspannt und ausgelassen. Zeit für den nächsten Schritt. Die beiden anderen Hunde, eine Herderhündin und ein Howawart-Mix, durften auf den Nebenplatz. Noch begrenzte ein trennender Zaun das direkte Zusammentreffen. Indy konnte entscheiden: Kennenlernen oder Rückzug. Die beiden weckten seine Neugierde, er entschied sich für Kontaktaufnahme. Diese verlief völlig unproblematisch, so dass wir auch diese beiden einige Minuten später in unseren Freilauf holen konnten. Wir Zweibeiner bremsten, sobald das Spiel zu heftig wurde. Wortlos stellten wir uns zwischen die Gruppe und drängten den einen oder anderen vorsichtig aus dem Spiel. Dadurch beruhigte sich die gesamte Situation ohne ein offensichtliches Eingreifen unsererseits.Nach knapp zwei Stunden waren wir zufrieden: mit einem so großen Erfolg hatten wir bei unserer Ankunft gar nicht gerechnet.

Nachdem dieses Treffen positiv verlief, unternahmen wir einige Tage später einen weiteren Schritt. Ein Veranstaltungstag von zwei nebeneinander beheimateten Hundevereinen (Windhunde und Britische Hütehunde) versprach zahlreiche Hunde- und Menschenbegegnungen. Ein Tag mit extremer Belastung für Indy, doch wir kennen das Gelände gut genug, um ihm Ruhephasen verschaffen zu können. Notfalls wären wir nach Hause gefahren, doch Indy meisterte die drei Stunden. Nicht ohne Unsicherheiten und kritische Situationen, doch er entspannte sich schnell wieder. Ich suchte mir geeignete Plätze, von denen aus er beobachten konnte, ohne sofort in das Geschehen eingebunden zu werden. Die Begegnungen mit anderen Hunden verliefen sehr unterschiedlich, jedoch ohne negative Eindrücke. Am Ende wirkte er so gelassen, dass er einen Trainingsagilityparcours (ohne die Sprünge) absolvieren durfte.

Natürlich waren die Hundetreffen nicht von einem auf den anderen Tag ein positives Erlebnis. Viele weitere Treffen folgten, eine gezielte Gewöhnung an die Spielgruppen des Hundeplatzes. Auf den Spaziergängen konnten wir nach und nach Hundebegegnungen zulassen. Richtig stolz war ich drei Monate später, als Indy mit drei fremden Hunden einen Einführungskurs in ZOS absolvierte. Ein kleiner Raum, er kam als letzter hinzu. Er war angespannt, doch er folgte, legte sich ruhig an seinen Platz und beobachtete. Und das, obwohl einer der Hunde ihn massiv anbellte. Indy blieb cool. Es gab Rückfälle - die wird es weiterhin geben. Jede Situation ist unterschiedlich, jeder Hund sendet andere Signale aus.

Eines zeigte dieses Verhalten jedoch auch: Eine größere Hundespielgruppe zu Anfang, ein "da-muss-er-durch" inklusive schlechten Erfahrungen: Das wäre vielleicht gut gemeint gewesen, aber der falsche Weg. Jetzt bleibt abzuwarten, wie sich sein Verhalten während der Pubertät entwickelt.

Lärm und Krach

Ein großer Vorteil des Aufwachsens auf dem Hausboot: Indy kannte alle möglichen und unmöglichen Geräusche. Bis jetzt haben wir noch nichts gefunden, das ihn zusammenschrecken liess. Trecker, LKW: kein Problem. Schüsse? Na und? Knallfolie ... wir probierten nach und nach alles aus. Nichts brachte ihn aus der Ruhe und schnell realisierten wir: hier gab es keine lohnenden Aufgaben, der Hund war in dieser Hinsicht völlig gleichgültig.

Gewöhnung an das Alleinsein

Eine der größten Aufgaben stellte für uns die Gewöhnung an das Alleinsein dar. Das Ziel waren 4-5 Stunden, die er schlimmstenfalls an vier Tagen der Woche zu Hause bleiben musste. Und zwar relativ schnell, denn nach meiner Woche Urlaub begann der Alltag. Gedacht war, ihn im Eingangsbereich zu lassen, den Durchgang zum Wohnzimmer abzusperren, da dort Zugang zu Couch, Couchkissen und ähnlichem war. Dieser Bereich war geräumig, leicht zu säubern und in unseren Augen ideal. Indy sah das völlig anders. Beim ersten Versuch (kurze Abwesenheit) durchbrach er brutal das als Absperrung gedachte Gitter. Gut, wir hatten es locker vor den Durchgang gestellt, es kostete ihn wenig Kraft. Auch beim zweiten Versuch schaffte er es irgendwie, das Gitter beiseite zu räumen. Nun bemühten auch wir uns um mehr Festigkeit. Als wir das nächste Mal das Haus verliessen, stand das Gitter bombenfest, auf der einen Seite verkeilt hinter dem (gemauerten) Kamin, auf der anderen Seite hinter dem Schrank, den wir eigens dafür etwas nach vorne gerückt hatten. Wir hatten uns richtig Mühe gegeben. Als wir zurückkehrten, stand das Gitter an seinem Platz. Erste Freude. Dann die Feststellung: Wo ist der Hund? Erste Vermutung: im Gäste-WC, die Tür hatten wir schließlich offen gelassen. Doch dort war er nicht. Plötzlich stand Indy fröhlich wedelnd vor dem Gitter - auf der falschen Seite - und zeigte uns gleich, wie er dorthin gekommen war. Er nahm Anlauf, um hinüberzuspringen, um uns begrüßen zu können. Wir hielten ihn davon ab. Nun war guter Rat teuer. Nach einer kurzen Beratschlagung gaben wir uns geschlagen. Dieser Punkt ging an Indy. Fortan blieb der Durchgang offen und er dankte es uns mit recht wenig Blödsinn. Trotzdem fielen natürlich einige Dinge seiner Langeweile zum Opfer - er zerlegte einen Blumenstrauß samt Vase, einen Weihnachtskaktus, rollte das Toilettenpapier durch das Haus, räumte die Deko vom Wohnzimmerschrank. Man übersieht das eine oder andere, wenn man einen relativ großen Bereich "hundesicher" machen möchte. Vor allem sollte man immer damit rechnen, dass Tabus, die der Hund in unserer Anwesenheit einhält, während der Abwesenheit gebrochen werden.

Bereits in den ersten Tagen erkannten wir, wie wenig ihm diese lange Zeit des Alleinseins gefiel. Stubenreinheit schien dabei das Geringste zu sein. Wenn ich nach Hause kam und mit ihm hinaus ging, waren erst einmal andere Dinge interessant. Sehr schnell hatte er erkannt, dass auf Peters Abfahrt am Vormittag eine lange Zeit des Alleinseins folgt. Er versuchte, sich durch die Haustür zu quetschen. Wenn meine Rückkehr sein Alleinsein beendete, drehte er fast durch vor Freude. Es war eine andere Begrüßung als sonst, wenn ich es vermenschlichen wollte, würde ich es als Erleichterung bezeichnen. Unser schlechtes Gewissen regte sich.

Nach einigen Wochen wagte Peter den Versuch, ihn mit ins Büro zu nehmen. Dort gibt es bereits drei Hunde, die mit räumlicher Trennung eine friedliche Koexistenz bilden. Indys Integration machte keine Schwierigkeiten. Nach drei Tagen zog er die Büroanwesenheit seinem Alleinsein zu Hause vor. Doch wegen auswärtiger Termine war die generelle Mitnahme nicht möglich - Indy muss sich zukünftig damit abfinden, auch mal allein zu bleiben. Gerade an diesem Punkt fiel mir wieder auf, wie gelassen und ruhig Indy bereits in seinem jungen Alter agiert. Auch wenn das Ziehen von Vergleichen möglichst unterbleiben soll, drängt er sich in diesem Fall auf. Karhu war viel aktiver (um es vorsichtig auszudrücken), und selbst in hohem Alter immer auf der Suche nach Action, schien nie zur Ruhe zu kommen. Wir hatten viel Zeit für ihn und konnten diesen enormen Bewegungs- und Beschäftigungsbedarf bieten. Die Tatsache, dass sich unsere Lebenssituation völlig geändert hat, liess uns bei der Entscheidung für einen neuen Hund lange zögern. Mit Indy haben wir nun den Hund bekommen, der sich enorm anpasst und sehr in sich ruht. Er ist für unsere jetzige Lebenssituation perfekt.

Somit hattte Indy nach kurzer Zeit bereits seinen festen Platz in unserer Familie gefunden. Er entwickelte sich in den ersten Monaten von einem etwas unsicheren Welpen zu einem neugierigen, in vielen Bereichen aufgeschlossenen Junghund. Er wurde selbstbewußter, baute Vertrauen zu uns auf und stellte uns vor weitere Herausforderungen.

Fotos rechts:
Bild 2 und 3: aufgenommen während der ersten Stunde auf dem Hundeplatz in Bremervörde.
Bild 4+5: Training im Einkaufszentrum
Bild 7: Inzwischen Freunde: Indy und Miss Marple
Bild 8-17: Langes Wochenende mit Sky auf Hallig Langeneß
Bild 18-20: Schwimmstunde in der Hamme (Worpswede)