Snuffs-White "Karhu"






Unsere Entscheidung

Nach dem Tod von Lumihiutale standen wir vor der Entscheidung: "was nun?" Die Trauer um Lumi war die eine Seite. Aber wir hatten uns durch Quijote und später durch Lumi so an zwei Hunde im Haus gewöhnt, dass wir relativ schnell an einen neuen Welpen dachten. Hinzu kam natürlich, dass wir bereits seit Oktober 01 wussten, dass Lumis weitere Lebenszeit begrenzt sein würde. Nach den Gesprächen mit den Tierärzten, die Lumis Krankengeschichte kannten und uns auf dem schweren Weg mit Rat und Tat begleitet hatten, war Einigkeit darüber, dass es keinerlei genetische Hintergründe für seine Krankheit gab. In der Zuchtstäte von der Hohensyburg wurde im Januar ein Wurf mit Quijotes Vater "Why not White Alsatian Max" und Padzy von der Hohensyburg geplant. Ein zweiter Quijote?! Dass wir uns damals anders entschieden, hatte lediglich gefühlsmässige Gründe. Wir konnten uns nicht so kurz nach Lumis Tod zu einer festen Zusage durchringen.

Gleichzeitig kündigten uns unsere Freunde in Schweden an, dass ein weiterer Wurf mit Quijote geplant sei, man warte auf die Läufigkeit der Hündin. Sie wurde belegt und als voraussichtlicher Geburtstermin Lumis Geburtstag bekannt gegeben wurde, hielten wir das nicht für ein schlechtes Omen, sondern es bekräftigte unseren Entschluss, nochmals auf die schwedischen LInien in Verbindung mit Quijote zurück zu greifen. Wir kennen inzwischen so viele Hunde von dort, die vor allem vom Wesen her begeistern. Nachdem wir die Ahnentafel sowie Fotos von der Mutter erhalten hatten, sagten wir zu.

Karhu's Geburt und seine Reise zu uns

Als wir uns entschieden hatten, fehlte nur noch ein Name. Wir waren an keinen Buchstaben gebunden, da in Schweden erst nach drei aufgezogenen Würfen ein Zwingerschutz möglich ist und dies Chickas erster Wurf war. Aber gerade, wenn man alle Möglichkeiten hat, fällt einem nichts Vernünftiges ein. Die finnische Sprache hat uns schon immer fasziniert und wie auch beim Lumi wurden wir hier fündig. Ein "Eisbär" wurde er dann aber doch nicht, denn wer möchte seinen Hund schon "jääkarhu" rufen.

Am 6. Mai 2002, einen Tag nach Lumis Geburtstag, brachte "Chicka" ihre 8 Welpen zur Welt. Unser Wunsch auf Eintagung des Namens "Karhu" kam leider zu spät, die Papiere waren bereits beim Schwedischen Kennelklubben und so haben wir einen Weißen Schnüffler "Snuffs White" bekommen, den wir aber Karhu rufen. Seine Schwestern hören auf die Namen "Lady-White", "Snow-White" und "Madonna-White" und seine Brüder sind "Porsche-White", "Viper-White", "Shuno-White" und "Prince-White". Alle Geschwister leben in Schweden, allerdings über das ganze Land verteilt. "Snow-White" durfte zu Hause bei ihrer Mama bleiben. Da ich gerade eine neue Stelle angetreten hatte und Malin inzwischen schulpflichtig ist, wurde nichts aus einer Reise nach Schweden, um unseren Rüden auszusuchen. Wir überliessen die Auswahl unserer Freundin Benite, der Besitzerin von Quijote. Wir kennen uns so gut, dass wir es ihr zutrauten zu wissen, welchen Hund wir genommen hätten. Bereits heute können wir sagen, dass sie gut gewählt hat - auch ohne die Geschwister zu kennen.

Die kleinen Welpen entwickelten sich und dank Internet konnten wir "unseren" Karhu bereits auf Fotos bewundern. Er sollte uns ebenfalls von Benite gebracht werden. Ende Juni war es soweit. Mit knapp 8 Wochen durfte Karhu seine erste grosse Reise antreten, genau wie Lumi mit Papa Quijote als reisegewohntem Begleiter. Mit der Variante Flugzeug konnten wir uns alle noch nicht anfreunden, so dass auch Karhu mit Auto und Fähre zu uns kam. Als ich morgens aufstand, hatten wir bereits eine email von Karhus Züchter mit Fotos von der Abfahrt samt Uhrzeit. Bis Mittag würden wir auf jeden Fall noch warten müssen. Den ganzen Morgen war ich irre aufgeregt und bekam die Arbeit kaum geregelt. Zwischendurch kamen Anrufe "sind in Puttgaden", "sind in Hamburg". Um halb eins klingelte das Telefon, dass sie nun 30 km vor Bremen seien und ich beendete meine Arbeit, um zum Treffpunkt zu fahren. Am Einkaufszentrum trafen wir uns, ich nahm Karhu und Quijote in Empfang und unsere Schweden widmeten sich ihrer Shoppingtour. Allerdings musste ich nun die Tour vom Einkaufszentrum nach Hause allein bewerkstelligen. Karhu sass in der Fussmulde des Beifahrersitzes und wurde sehr schnell viel zu mutig. Er knabberte am Schalthebel, wurde sanft von mir zurück geschubst. Hey, eine menschliche Hand, klasse. Er machte Versuche, bei mir auf den Schoß zu klettern und wurde wieder von mir gebremst. Ich war froh, als ich sah, dass ihn die Müdigkeit übermannte und er sich auf dem Boden zu einem Schläfchen einrollte. Als er aufwachte und sich erneut über die Gangschaltung her machte, war ich fast zu Hause.   Fiala kam heraus und musterte den Kleinen, um sich dann sofort Quijote zuzuwenden. Karhu war abgemeldet, wärend die beiden "großen" durch den Garten tobten. Aber er machte schnell von sich reden, denn er entdeckte recht schnell, dass man unter der Terrasse verschwinden konnte. OH Graus, Gedanken an Quijotes Welpenalter kamen uns in den Sinn. Ihn mussten wir mehr als einmal mit einer Käsescheibe unter der Terrasse hervor locken, weil er es sich dort bequem gemacht hatte. Einmal war er dort sogar tief und fest eingeschlafen - wir mussten warten, bis er aufwacht. Karhu fand die "Höhle" auch prima, aber aus einem anderen Grund: mit etwas Geschick konnte man den Garten auf diesem Weg verlassen und in die Freiheit entschwinden. Zweimal holten wir ihn von der Strasse, dann war dieser Fluchtweg von uns endgültig verschlossen worden. Und Kahru wurde schnell grösser, so dass er nicht mehr unter die Terrasse passte.

Am nächsten Tag musste Karhu gleich wieder ins Auto, da sich Benite ihren neuen Welpen aussuchen wollte. "Dino vom Selberg" war gerade vier Wochen alt, das Timing passte also hervorragend. Wir fuhren gemeinsam mit Karhu nach Iserlohn, wo sie sich ihren zukünftigen Rüden aussuchte. Dino wuchs bei unseren Schwiegereltern auf und wurde von uns im Januar 2003 nach Schweden gebracht, als er alle Einfuhrbestimmungen erfüllte.

Danach begann der Alltag. Für Karhu das Einleben bei uns zu Hause und für uns die schlaflosen Nächte, in denen man mit einem halben Ohr horcht, ob der Welpe ein Bedürfnis hat. Wir hatten das alte Reisebett von unseren Kindern aufgebaut, aber Karhu sah das nun wirklich nicht ein, dort zu nächtigen. Er schrie und weinte und jaulte und gab uns einen ersten Eindruck davon, was auf uns zukommen würde. Noch heute jault er uns die Ohren voll, wenn etwas nicht nach seiner Nase geht.

Karhu war eher ein ruhiger, (relativ) braver Vertreter. Und er zeigte uns, dass wirklich jeder Hund anders ist. Mich erinnert er häufig an Quijote .... und dann benimmt er sich wieder völlig anders. Was er von Quijote hat, ist seine absolute Anhänglichkeit. Er ist weitaus mehr auf uns (insbesondere auf Peter) fixiert als auf andere Hunde. Mit Fiala kommt er sehr gut zurecht, aber wenn er sich zwischen Ball und einem anderen Hund entscheiden soll, entscheidet er sich in 90% der Fälle für den Ball und den Zweibeiner. Das war von Anfang an so, obwohl wir die Sozialisierung zu anderen Hunden nie vernachlässigt haben. Karhu begann nach einer Woche in der Welpengruppe. Seine Lieblingsbeschäftigung war es, sich in die Wasserwanne zu legen und dort herum zu plantschen. Wenn ihn der Hafer sticht, überträgt er das auf die heimische Wasserschüssel. Mit den anderen Welpen kam er recht gut zurecht und spielte viel. Bei erwachsenen Hunden legte er ein eher unterwürfiges Verhalten an den Tag, was dazu führte, dass es bis zum heutigen Tag kaum Auseinandersetzungen gibt. Er passt sich an und gibt notfalls nach. Klug von ihm, denn das sichert ihm sehr viel Freilauf.

Die Kinder sind gute Spielkameraden. Es war auch gut, dass Lilja, unsere jüngste Tochter, inzwischen 5 Jahre alt wurde. So konnte sie sich gegen die spitzen Welpenzähnchen gut wehren. In den ersten Wochen wurde jede Spielaufforderung von Karhu begeistert aufgenommen, danach war der Welpe nicht mehr "neu" und auch die Kinder kehrten zum "normalen" Alltag zurück.

Karhus Sozialisierung

Mit dem Einzug von Karhu begann auch wieder die Anstrengung, den Welpen an alles und jedes gewöhnen zu müssen. Bereits in den ersten beiden Wochen zeigte sich, dass er ähnlich unerschrocken wie Lumi war, wenn auch nicht ganz so draufgängerisch. Lumi ging ohne zu zögern auf alles zu, Karhu liess und läßt da ein wenig mehr Vorsicht walten. Dennoch gab es nichts, an das er sich nicht nach einem kurzen Moment der Aufmerksamkeit gewöhnt hätte. Als er 10 Wochen alt war, hatte ich zufällig den Hund mitgenommen und eine Stunde Zeit, weil ich am Bahnhof Bremen warten musste. Ich nahm Karhu trotz seines Welpenalters raus und machte mit ihm einen Spaziergang durch den belebten Hauptbahnhof. Ich brauchte für 200 Meter ungefähr 20 Minuten, weil er immer wieder neugierig stehen blieb. Aber die Menschen fand er klasse, er wurde gestreichelt und bekam sehr viel Aufmerksamkeit.

Im August, also 2 Monate nach seinem Einzug bei uns, fand in Worpswede das Sommertreffen statt und Karhu war der jüngste Teilnehmer an unserer "Stresstour" durch Bremen. Ein zweistündiger Stadtbummel bei warmen Temperaturen, bei denen selbst wir Zweibeiner nachher geschafft waren. Karhu schlief danach sehr ausgiebig, aber ihm waren keine Zeichen von Stress anzumerken. Trotzdem setzten wir unser "Programm" fort und nahmen ihn mit, wann und wo immer sich die Gelegenheit bot.

Tiere waren keine Schwierigkeit. Hier auf dem Land begegnet man normalerweise mehr Pferden als Autos. Pferde, Kühe, Hühner, Katzen und ähnliches Getier gibt es hier genügend und daran konnten wir Karhu während der "normalen" Spaziergänge gewöhnen. Bei Pferden kam uns noch zugute, dass Malin auf einem Ponyhof reitet und er sich sofort dort mit der nur zwei Monate älteren Hündin Nelly anfreundete. Der Dienstag ist wahrscheinlich Karhus Lieblingstag, weil er da mit Nelly und den Ponys toben darf. Kühe sind auch in Ordnung, obwohl hier hin und wieder der Jagdtrieb mit ihm durchgeht. Seit er einmal ein Rudel fröhlich über eine Wiese getrieben hat, leine ich ihn an den Weiden lieber an.

Ein echtes Problem sind die drei Katzen unserer Nachbarn. Obwohl er mit diversen Katzen aufgewachsen ist, findet er wohl, dass die drei zu nah an seinem Revier leben. Und da eine der Katzen morgens gerne auf dem Sims des Schlafzimmers unserer Nachbarn sitzt, hatten wir frühmorgens beim ersten Morgenspaziergang schon manche Auseinandersetzung, wenn Karhu laut bellend die Katze von ihrem Sims vertrieb. Allerdings wird er zusehens gelassener, wenn es um Katzen geht. Angeleint reagiert er schon gar nicht mehr auf die Stubentiger am Straßenrand.

Die ländliche Gegend bringt es mit sich, dass auch sehr viel Wild durch die Gegend läuft. Teilweise stehen die Rehe am Zaun unseres Grundstücks und gucken hinüber. Was unsere Hunde zur Raserei bringt. Aber auch auf Spaziergängen stolpert man mehr oder weniger über Rehe und Wildkaninchen und es ist nicht einfach, sie früher zu sehen als der Hund.

Woran wir unseren Karhu natürlich ausführlich gewöhnen mussten - und das war mit viel Fahrerei verbunden - waren Menschen aller Kategorien und Großstadteindrücke, einschließlich Autos, LKWs und so weiter. Da er sich im Bahnhof recht sicher verhalten hatte, warteten wir auch nicht lange, um mit der Gewöhnung an die Großstadt zu beginnen. Karhu durfte Straßenbahn fahren (jedem Besitzer sei geraten, hier auf den Einstieg zu achten, es gab ein Drama, weil die Stufen zu hoch für ihn waren), er sass mit mir fast eine geschlagene Stunde an einer Hauptverkehrsstrasse, während der Verkehr an uns vorüber brauste (hätte ich nur einen Hut mitgenommen, es wäre vielleicht sogar einträglich gewesen).

Wir begannen allerdings nicht gleich in der Großstadt, sondern in einem Einkaufszentrum. Jede Woche verbrachte ich mit Karhu einige Stunden dort. Häufig saßen wir nur auf einer der Ruhebänke. Es ist tatsächlich so, dass man, wenn man dort ruhig sitzt, am ehesten Kontakt mit anderen Menschen bekommt. Man wird angesprochen und automatisch wird auch der Kontakt zum Hund hergestellt. Er lernt dadurch viele Menschen kennen und bekommt viele positive Eindrücke. Auch Fahrstuhlfahren trainierten wir hier. Viele Dinge sind für einen Hund ungewohnt, über die man selber, da man ja an Einkaufszentren gewöhnt ist, gar nicht mehr wahrnimmt. Angefangen beim Untergrund, dem glatten Boden, über Lautsprecherdurchsagen, ratternde Einkaufswagen, spiegelnde Schaufensterscheiben und so weiter. Erst als er im Einkaufszentrum vollkommen ruhig und gelassen reagierte, fuhren wir (von den beiden erwähnten ersten Ausflügen abgesehen) nach Bremen. Eines sollte nämlich immer bedacht werden: die Prägephase eignet sich ideal, um den Hund mit allem möglichen vertraut zu machen, aber nur, solange man ihn nicht überfordert. Und wann dieser Punkt erreicht ist, ist individuell und bedarf einer genauen Beobachtung des Hundes.


In Erinnerung bleiben wird mir ein Sonnabend, als es fünf Monate alt war. Ich war mit ihm nach Bremen gefahren, hatte einen kurzen Bummel durch die sehr belebte Fußgängerzone gemacht und weil Karhu noch gut drauf war, ging ich mit ihm weiter zum Hauptbahnhof. Werder Bremen hatte an diesem Tag ein Heimspiel und sowohl die gegnerischen als auch die Werderfans tummelten sich im und um den Bahnhof. Ich ging mit dem kleinen Karhu durch den Bahnhof. Die Tröten beeindruckten ihn überhaupt nicht, er ist absolut lärmunempfindlich. Als ihn einer der Fans die Tröte direkt vor die Nase hielt, schaute er ihn nur an, nach dem Motto: was soll der Mist? Um Mißverständnissen vorzubeugen: ich war mir sicher, dass Karhu diese Herausforderung schaffen würde. Ich wäre sofort mit ihm in weniger belebte Gänge gegangen, hätte er Unsicherheiten gezeigt. Aber er schien Spass an dem Trubel zu haben. Auf dem Bahnhofsvorplatz wollte ich ihm eigentlich eine Ruhepause gönnen, setzte mich dorthin und fütterte ihn ein wenig mit den mitgenommenen Leckerlis. Es sollte nicht sein: einige Werderfans, nicht mehr ganz nüchtern, setzten sich zu uns. Wir kamen ins Gespräch (soweit das möglich war) und als sie mich baten, den Hund füttern zu dürfen, händigte ich ihnen die Leckerlis aus. Der Alkoholgeruch machte Karhu anscheinend nichts aus und eh ich mich versah, hatte Karhu einen Werderschal um den Hals und wurde feierlich mit Bier "getauft". Diese Erlebnisse, auch mit den Obdachlosen, die am Bahnhof um Euros und Cents bitten, führten dazu, dass Karhu mit "merkwürdigen" Gestalten keine Probleme hat.

So gingen die ersten Monate ins Land. Karhu wuchs sehr schnell und wird mit Sicherheit an die Größe seines Vaters Quijote heranreichen. Wir setzten die Besuche in Einkaufszentren und in die Stadt fort, selbst jetzt, ein Jahr später, nehme ich ihn hin und wieder mit. Die Prägung während des Welpenalters ist enorm wichtig, aber ebenso wichtig ist es, ihm immer wieder Gelegenheit zu derartigen Erlebnissen zu geben.

Ende des Sommers besuchten uns Lara und Dino vom Selberg, der von Peters Eltern aufgezogen wurde, um Anfang 2003 zu Quijote nach Schweden zu ziehen. Lara von der Hohensyburg, eine Halbschwester unserer Fiala, gehört Peters Eltern. Für uns war die Ankunft von Dino eine willkommene Gelegenheit, uns um viel Liegengebliebenes zu kümmern. Die beiden Welpen spielten und tobten, ohne dass wir uns groß darum kümmern mussten. Wurde es zu heftig, schritten unsere Hündinnen Lara und Fiala ein. Rudelleben für einige Tage.



Langsam neigte sich das Jahr seinem Ende zu. Im Einkaufszentrum wurde alles weihnachtlich geschmückt und Pixifoto machte in der Adventszeit eine Fotoaktion, bei der man für 2 Euro seine Kinder mit dem Weihnachtsmann fotografieren konnte. Nach dem Motto "nicht ohne unseren Karhu" musste Karhu auf die glitschige rote Folie klettern.


Zu guter letzt noch einige Impressionen aus dem Karhujahr 2002: