Laila, der Weiße Schäferhund
- eine Weihnachtsgeschichte -


Schneegestöber!

Einer der harten Winter, wie sie selten geworden sind, überzieht das Land. Die Dämmerung taucht alles in blaues Licht und formt bizarre Skulpturen aus Bäumen, Häusern und dem kleinen Drahtverschlag, der sich hinter der verwitterten Hauswand befindet. Die 5 Hunde liegen eng aneinander. Die Hauswand bietet ihnen den einzigen Schutz.


Hierher kommt der Schnee nicht so hoch und sie wärmen sich gegenseitig. Gerade erst hatte der Rudelchef den Verschlag verlassen, und er hatte wieder getrunken.

Wieso war er nie beim Rudel?

Warum konnte er sie nicht leiten und beschützen?

Wie jedesmal hatte er eine Flasche in der Hand, aus der er immer trank, wenn er die Essensreste in den Zwinger geworfen hatte. Ein heftiger Fluch war ihm entfahren, weil die Flasche leer war. Im hohen Bogen war sie durch die stille Nacht geflogen und mitten im Schnee liegen geblieben. Jetzt schimmerte das Glas geheimnisvoll im Mondschein, still und doch so vielsagend. Wenn man sie so ansah, konnte man kaum glauben, daß sie so viel Unheil verbreiten konnte.

Klack!

Schnell hatten die Hunde die Abfälle verschlungen. Was blieb ihnen übrig? Etwas anderes gab es nicht!

Klack!

Jetzt lagen sie wieder friedlich in der Ecke. Gerne würden sie mal wieder laufen. Aber der Rudelführer ließ sie nicht raus. War das gerecht? War er noch als Rudelführer tragbar?

Klack!

Was waren das auf einmal für Geräusche? Etwa die Zwingertür? Tatsächlich stand das Gitter eine Spalt auf. Nur ein kleines Stück und doch versprach es Freiheit!

Der ältesten Hündin war es nicht entgangen. Knarrend bewegte sich die Tür. Warum war sie offen? Wollte ihr Führer, daß sie den Zwinger verlassen oder hatte er einen Fehler gemacht?

Eben war der Spalt noch ganz schmal - jetzt bewegte sich das Metallgitter wieder und gab mehr Freiheit preis. Zögernd stand Laila auf und näherte sich dem großen Abenteuer. Langsam, eine Pfote nach der anderen, schlich sie weiter. Vorbei an der leeren Flasche, von der ein stechender Geruch ausging und der Laila kurz ablenkte. Doch das Knarren erinnerte sie sofort wieder an das offene Gatter. Nur einmal schreckte sie kurz zurück, als der Wind die Tür scheppernd ins Schloß fallen ließ. Das Geräusch ging ihr durch Mark und Bein.

Totenstille!

Laila hatte sich in eine Ecke geflüchtet. Erst einige Zeit später, der Schnee hatte gerade die Flasche unter sich begraben, traute sich Laila wieder auf. Der Wind hatte sich gelegt und die Zwingertür hatte ihre nervösen, von lautem Knarren begleiteten Bewegungen aufgegeben, zumal der Schnee, einige cm hoch, ihre Bewegung stark einschränkte.

Jetzt oder nie!

Laila vergrößerte nun zielstrebig die Öffnung und ließ sich auch vom Schneewiderstand nicht beirren. Augenblicke später stand sie jenseits des Zwingerzauns. Die anderen Hunde waren nun aufmerksam geworden und starrten Laila ungläubig an.

Was nun?

Sollten sie folgen? Was würde sie erwarten? Laila wartete geduldig. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Doch den anderen mußte sie Zeit geben. Irgendwann würden sie einsehen, daß alles besser war, als dieses Leben ohne Perspektiven und ihr Rudelführer hatte sein Amt verwirkt.

Laila war jetzt Rudelführer!

Glauben Sie an den Weihnachtsmann?

Nein?

Er existiert wirklich und wenn es nur in der Phantasie der Kinder so ist. Kinder wissen genau, daß es ihn gibt und sie wissen genau, wo er wohnt. Wenn Sie die Augen schließen, wird sein Heim vor Ihren Augen auftauchen. Langsam lichtet sich der Schleier und das erste, was Sie erleben ist Schnee. Spüren Sie die trockene Kälte, die über der Landschaft liegt? Keine unangenehme Kälte, vielmehr ist sie notwendig für den Wintertraum. Sie ermöglicht Schnee, der glitzernd in der Sonne liegt und sie formt Eisgebilde von bizarrer Schönheit.

Erinnern Sie sich?

Schneebedeckte Bäume, Stille und dann tauchen Gebäude auf. Rauch steigt aus Schornsteinen auf und zeugt von Öfen und Kaminen, die wohlige Wärme verbreiten. Rechts liegt der Stall. Hier haben die Rentiere ihr Zuhause. Jene sagenumwobenen weißen Rentiere, die den Schlitten des Weihnachtsmannes in der heiligen Nacht ziehen, damit er den Kindern in aller Welt ihre Geschenke bringen kann. Hinten liegen die Werkstatt und die Lagerhallen, in denen Geschenke gebaut und gebastelt wurden. Doch auch hier war die Zeit nicht stehengeblieben. Der Weihnachtsmann leidet unter Mangel an Mitarbeitern. Wie man weiß, wohnt der Weihnachtsmann am Nordpol (naja - sagen wir nicht weit davon) und es war das ganze Jahr etwas kühler und im Winter konnte es bitter kalt werden. Außerdem gab es jede Menge zu tun. Deshalb wollten nicht viele hier arbeiten. Da half es auch nichts, daß es hier so schön war und sich alle gut verstanden. Jedenfalls mußte auch der Weihnachtsmann inzwischen die meisten Geschenke selber kaufen. Das ganze Jahr über wurden diese gesammelt und eingelagert. Alle erhielten Schilder, damit man Weihnachten auch noch wissen konnte, für welche Kinder die Geschenke bestimmt waren. Nur eines machte dem Weihnachtsmann große Sorgen. Immer mehr Kinder wünschten sich Tiere zu Weihnachten. Es war alles dabei: Hunde, Katzen, Meerschweinchen, Pferde, Vögel, Ratten, Mäuse, Ameisen usw. Sogar Krokodile, Wölfe und andere Exoten wurden gewünscht. Von den Dinosauriern wollen wir erst gar nicht reden. Eigentlich war dagegen nichts einzuwenden. Kinder sollen ja lernen, mit der Natur und allen Lebewesen richtig umzugehen. Doch oft waren die Kinder zu klein und der Aufgabe nicht gewachsen. Auch die Erwachsenen hatten sich das ganz anders vorgestellt. Und so kam es, daß viele Tiere im Tierheim landeten. Diese versuchten, dieses zu verhindern. Aber eine Ausrede war meistens schnell gefunden. Und wer sein Tier nicht im Tierheim unterbringen konnte, setzte es eben einfach aus. Der Weihnachtsmann mußte Grausliches erfahren. Doch viel konnte er da nicht machen. Schließlich war er dazu da, den Kindern ihre Wünsche zu erfüllen. Die Eltern müßten vernünftiger werden und sich genau überlegen, ob ein Tier auf Dauer gehalten werden konnte. Ansonsten muß der Wunsch der Kinder unerfüllt bleiben. Bei diesen Gedanken mußte der Weihnachtsmann tief seufzen. Er hatte sich einen Moment Ruhe gegönnt. Im Augenblick liefen die Vorbereitungen für das Weihnachtsfest auf Hochtouren. Einige seiner Helfer waren dabei, den Schlitten vorzubereiten. Andere beschäftigten sich mit dem prächtig geschmückten Geschirr für die Rentiere.

Jaja! Was wäre der Weihnachtsmann ohne seine Rentiere. Über Generationen hinweg hatten sie ihn treu durch die Welt getragen und dafür gesorgt, daß die Kinder pünktlich ihre Geschenke bekamen. Der Weihnachtsmann schaute sich um. Alles schien seinen rechten Gang zu gehen. So konnte er sich in das Büro zurückziehen und die Wunschlisten durchgehen.

Ein paar Meter weiter stiefelte Benny durch den Schnee. In der Lagerhalle war es furchtbar warm geworden und er wollte sich ein wenig die Beine vertreten und etwas kalte Polarluft atmen. Es war ein wunderbarer Tag und so lief Benny träumend in die Gegend hinein. Benny war schon lange beim Weihnachtsmann und ihm gefiel es hier. Was sollte er als Zwerg auch anderes machen?

Außerhalb des Hofes wurde der Schnee tiefer und Benny bekam langsam etwas Mühe mit dem Gehen. So blieb er stehen und genoß den Ausblick.

Hatte da etwas geraschelt?

Benny sah sich um. Dort aus dem Gebüsch kam es wohl. Er kämpfte sich durch den Schnee. Zuerst sah er nichts. Die Sonne spiegelte sich im Schnee und blendete ihn leicht. Deshalb schloß Benny für einen Augenblick die Augen. Jetzt ging es besser. Tatsächlich lagen da Hunde. Waren es Schäferhunde? Ja! Weiße Schäferhunde! Das war ungewöhnlich. Benny hatte noch nie in seinem Leben weiße Schäferhunde gesehen. Diese sahen allerdings nicht gerade glücklich aus. Wahrscheinlich hatten sie lange nichts zu fressen gehabt, und sie waren wohl auch erschöpft. Wo sie wohl herkommen mochten?

„Habt keine Angst.“, flüsterte er.

Die Hunde hatten gar keine Kraft, um Angst zu haben. So konnte Benny sie auch streicheln und er merkte, daß die weißen Schäferhunde schnell Vertrauen bekamen. Eine ganze Weile saß er dort, bis ihm einfiel, daß er zurück mußte. Die anderen würden ihn sicherlich bereits suchen. Doch was machte er nun mit den Hunden? Er mußte dem Weihnachtsmann Bericht erstatten. Schließlich brauchten die Hunde etwas zu fressen und eine Stelle, wo sie sich ausruhen konnten.

Der Weihnachtsmann zeigte sich erstaunt über Bennys Bericht. Wie kamen denn hier Weiße Schäferhunde hin? Sie mußten eine längere Strecke zurückgelegt haben. Man beschloß also, die Hunde her zu holen.

Sie waren bei den Rentieren untergekommen. Sie lagen nun etwas verstört in der Ecke und beobachteten das Geschehen. Benny gab ihnen zu fressen und blieb noch einige Zeit bei ihnen. Dann mußte er allerdings wieder an seine Arbeit. In einer Woche war Heiliger Abend und dann mußte alles erledigt sein. Als er den Stall verließ, bemerkte er wieder, daß es relativ warm war. Deshalb nahm er sich vor, gleich einen Blick auf das Thermometer zu werfen. Sicherlich war es höchstens -30 C°. Das war ungewöhnlich mild für diese Jahreszeit. Diese Tendenz zeigte sich bereits letztes Jahr. Sicherlich hatte es mit der Klimaverschiebung zu tun. Benny hatte schon häufig davon gehört. Aber wenn er ehrlich war, mußte er zugeben, er hatte nicht sehr viel Ahnung davon. Aber es machte ihm Sorgen. In der Halle herrschte Hektik und bald war Benny voller Eifer bei der Arbeit...

Erst am Abend kam er wieder dazu, an die Hunde zu denken. Wie mochte es ihnen gehen? Schnell machte er sich auf den Weg. Unterwegs schlich sich bei ihm ein ungutes Gefühl ein und tatsächlich war einiges los am Stall. Björn kam gleich auf ihn zu.

„Die Rentiere sind krank!“ rief er aufgeregt. Benny brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, was Björn ihm gerade mitteilte. „Das kann doch nicht sein!“ entgegnete Benny und hatte die Hunde bereits wieder vergessen. „Was haben sie denn?“ Björn zuckte mit den Schultern. Benny trat in den Stall. Die Rentiere standen träge in ihren Boxen und Benny streichelte ihnen die Köpfe. Bengt, ihr Pfleger seufzte. Seit längerer Zeit untersuchte er die Rentiere. Auch auch er stand vor einem Rätsel. „Vermutlich ist es ihnen zu warm!“ flüsterte er schließlich. Den anderen blieb die Luft weg!

„Aber es soll nicht kälter werden...“ stammelte Björn und hatte gleich erkannt, was diese Feststellung bedeutete: Das Weihnachtsfest war gefährdet!

Minutenlang war Stille!

Das war kaum vorstellbar. Seit Jahrhunderten fand das Weihnachtsfest statt. Es hatte noch nie ausfallen müssen. Das war einfach undenkbar!

„Wir könnten schnell andere Rentiere holen“ meinte Bengt nach endloser Zeit. „In der Nähe habe ich einige Samen mit ihrer Herde gesehen.“ Einen Augenblick keimte Hoffnung in allen auf. „Nein! Das geht nicht. Ihr habt wohl vergessen, daß es weiße Tiere sein müssen. Der Schlitten setzt sich nur mit weißen Tieren in Bewegung. Oh Gott! Was machen wir nur?“.

Benny sprach aus, was alle wußten. Sein Blick setzte sich an den Augen der Rentiere fest. Ihre Augen hatten einen matten Ausdruck.

Weiße Rentiere! Woher bekamen sie nun weiße Rentiere?

Seit diesem Abend sank die Stimmung bei allen von Stunde zu Stunde. Benny saß vor dem Stall und beobachtete die Sterne. Überall in der Welt bereiteten sich die Menschen auf das Fest vor. Kinder schrieben noch Wunschzettel. Man backte Plätzchen, bastelte Schmuck für den Baum und stellten Lichter in die Fenster. Abends saßen die Familien zusammen bei Grog und Tee, während Kerzen die Wohnungen und Häuser in goldenes Licht tauchten. Keiner ahnte, was hier vorging. Keiner wußte, daß das Fest ausfallen würde, wenn kein Wunder geschah. Benny stellte sich vor, wie die Väter die Weihnachtsbäume aufstellen und die Mütter sie schmücken würden und dann warteten alle auf den Weihnachtsmann... diesmal würde er nicht kommen! In der Ferne funkelte der Nordstern!

Symbolisierte er Hoffnung? Benny wünschte sich, er konnte diesem Versprechen Glauben schenken. Aus dem Stall vernahm er ein Quietschen.

Die weißen Schäferhunde!

Die hatte er ganz vergessen in dem Trubel. Die Hunde waren anscheinend auch durcheinander. Sie mußten natürlich von der Stimmung angesteckt worden sein. Benny tat sein Bestes für sie. So gut es in seiner Stimmung eben ging. Dann begab er sich zu Bett. Ob er wohl schlafen konnte?

Auch Laila lag unruhig in ihrem Lager! Sie spürte, daß etwas nicht stimmte. Doch was war es? Ihr Blick fiel auf die seltsamen Tiere in der anderen Ecke. Ihnen ging es nicht gut. Soviel hatte sie mitbekommen. Laila stand auf und näherte sich vorsichtig den Rentieren. Sie waren weiß, genauso weiß wie sie selber. Doch es waren keine Hunde. Laila sah die Augen der Rentiere, und langsam tauchten Stimmen in Lailas Kopf auf. Zunächst leise - als trauten sie sich nicht richtig. Doch dann ganz deutlich. Laila war verwirrt! Was waren das für Stimmen? „Helft uns!“ vernahm Laila. Es war, als entstünden die Worte direkt in Lailas Kopf. Und dann verstand sie immer mehr. Es waren nicht direkt klare Worte, die zwischen ihr und dem Rentiere wechselten, sondern Gefühle und Verständnis für die Situation. Laila brauchte lange. Doch dann wußte sie, daß die Hunde helfen mußten, wenn der Weihnachtsmann sie brauchte. Was sie tun konnten, wußte Laila noch nicht. Aber Laila und die anderen weißen Schäferhunde waren bereit, ihren Teil beizutragen.

Benny konnte gar nicht erst schlafen. Er wälzte sich zuerst von einer Seite zur anderen. Die Gedanken spukten in seinem Kopf herum. Erst spät in der Nacht sank er erschöpft in einen unruhigen Schlaf. Doch auch das erlöste ihn nicht. Träume plagten ihn und suchten in seinem Kopf nach einer Lösung. Als sich der Morgen ankündigte, kam auch langsam etwas Klarheit in seine Träume. Es gab Dinge, die keiner erklären kann. Trotzdem geschehen sie. Niemand wird jemals erklären können, wie Benny zu den Ideen kam. Irgendwie waren sie über Nacht in ihm gewachsen und als er schließlich schweißgebadet aufwachte, waren sie seine eigenen Gedanken. Es war ihre einzige Chance und sie mußten sich beeilen. Hastig sprang Benny auf. Er mußte schnell zum Weihnachtsmann!

Dieser zeigte sich sehr erstaunt über die Idee und erst zweifelte er. Weiße Schäferhunde?

Keine Rentiere sollten seinen Schlitten ziehen? Es war Tradition, daß weiße Rentiere seinen Schlitten zogen. Konnte man mit dieser Tradition brechen? Wieder schüttelte er den Kopf. „Wir haben die Wahl!“ erinnerte Benny. „Wenn wir es nicht probieren, dann findet die Tradition gar nicht statt!“ Bleischwer standen die Worte im Raum und brachten die Wahrheit an´s Licht. Der Weihnachtsmann atmete tief durch. „Gut. Versuchen wir es!“

Benny war sich bewußt, daß es schwierig werden würde. Die Hunde hatten sicherlich noch nie einen Schlitten gezogen und mit dem Weihnachtsschlitten war es noch etwas anderes. Er hoffte, sie hatten genügend Zeit. Zunächst mußten sie das Geschirr anpassen. Björn hatte es schon geholt. Benny ging derweil in den Stall, um die Hunde zu messen. Hoffentlich verstanden sie, was er von ihnen wollte. Doch die Hunde waren ganz ruhig und ließen sich das Maßband anlegen. Benny war verwundert. Fast schien es ihm, als wüßten die Hunde, worum es ging. Aber woher sollten sie es wissen? Benny streichelte sie und sie genossen die Zuwendung. Kurze Zeit später saßen Benny und Björn zusammen und arbeiteten an dem samtenen roten Geschirr mit der goldenen Verzierung. Als sie fertig waren, fielen sie in ihre Betten, auch wenn sie sich nicht viel schlafen konnten. Bereits wenige Stunden später waren sie wieder draußen. Die weißen Schäferhunde erwarteten sie ungeduldig und folgten ihnen zum Schlitten. Das Folgende wurde zu einer Geduldsprobe. Immer wieder mußten sie das Geschirr ändern, bis es Stunden später perfekt war. Benny wunderte sich wieder über die Geduld, mit denen die Schäferhunde alles mitmachten. Jetzt kam es darauf an.

Sie wollten die erste Probefahrt wagen. Benny setzte sich zu Laila in den Schnee, streichelte sie und erklärte ihr mit ruhigen Worten, worauf es ankam. Hatte es einen Sinn? Konnte sie ihn verstehen?

Zunächst wollten sie eine normale Fahrt im Schnee probieren. Benny setzte sich auf den Schlitten, während Björn die Hunde vorne führte. Laila hatte schnell verstanden, was zu tun war und so verlief die erste kurze Fahrt ganz gut. Doch einige der anderen Hunde hielten nicht die Spur und so mußte Benny die Fahrt abbrechen. Sie übten den ganzen Tag. Erst als es dunkel wurde, gönnten sich alle eine Pause. Sie waren erschöpft und hungrig. Trotzdem fühlten sie sich toll. Benny war überzeugt, auch die weißen Schäferhunde hatten trotz der harten Arbeit Selbstvertrauen geschöpft und nun war er zuversichtlich, daß sie alle zusammen es schaffen würden. Nachdem er dem Weihnachtsmann Bericht erstattet hatte, ging er schlafen.

Am nächsten Morgen waren alle schon ungeduldig und wollten weiter üben. Benny verschlang sein Frühstück und im Stall erwarteten ihn die Hunde. Sie kamen ihm wedelnd entgegen.

Heute sollte der erste Flug gewagt werden!

Zunächst machten sie noch mal eine normale Fahrt, bevor der große Moment kam. Es zeigte sich ein geheimnisvolles Leuchten an den Kufen des Schlittens. Nach wenigen Sekunden änderte sich die Farben von Gelb nach Blau, das immer heller wurde, bis es schließlich in einem weißen Schein endete. Laila wurde langsam nervös. Sie konnte das Leuchten nicht einordnen. Jetzt sprang das pulsierende Leuchten auf die Pfoten der Hunde über und das Unheil nahm seinen Lauf. Der hinterste Hund versuchte dem Leuchten zu entkommen. Seine Pfoten gerieten aus dem Rhythmus. Immer wieder zog der weiße Schäferhund die Pfoten zur Seite. Doch das Leuchten folgte sofort. Aus dem Hintergrund hörte man Bennys Stimme, der bemerkt hatte, daß etwas nicht stimmte. Doch es war zu spät. Schon hatte sich die Störung auf die anderen übertragen. Laila schaute sich um. Das Leuchten war urplötzlich erloschen. Benny schrie etwas vom Schlitten herab. Doch in dem Durcheinander konnte sie es nicht verstehen. Einige Hunde versuchten stehen zu bleiben. Das war natürlich ein sinnloses Unterfangen. Der Schlitten hatte eine zu große Geschwindigkeit und setzte unbeirrt seinen Weg fort. Irgend etwas riß Laila von den Füßen. Der Schlitten hatte seine Richtung geändert und nahm Kurs auf den meterhohen Schnee an der Seite des Weges. Laila hatte ihn zuerst erreicht, wurde jäh abgebremst und fand sich urplötzlich von Schnee überschüttet. Das ganze Rudel folgte. Einer nach dem anderen wurde in den Schneehaufen geschoben. Benny versuchte zu entkommen, indem er den Schlitten zu bremsen versuchte. Doch auch ihn erwischte es. Der Schlitten kippte und beförderte ihn im hohen Bogen in die kalten Schneekristalle. Björn kam angelaufen und sah gerade noch, wie Benny den Schnee unter seinem Pullover hervorholte. Eine Sekunde versuchte er, inne zu halten, doch dann lachte er laut los. Der Anblick war doch zu komisch. Benny sah ihn genervt an. Als die Hunde sich aus dem Hundeknäuel befreiten und den Schnee aus ihrem Fell schüttelten, waren Benny und Björn dabei, den Schlitten zu kontrollieren. Zum Glück hatte er nichts abgekommen. Doch das Geschirr war leicht beschädigt. Sie würden es reparieren müssen.

Benny atmete tief durch. Das bedeutete, daß sie keinen weiteren Versuch hatten. Sie mußten das Geschirr reparieren und der Schlitten mußte bepackt werden. Morgen mußte es klappen. Er nahm die Hunde zusammen und spielte mit ihnen. Morgen mußten alle an einem Strang ziehen. Nur gemeinsam konnten sie es schaffen. Laila mußte das Rudel darauf einschwören. Hoffentlich klappte es.

Der Heilige Abend war gekommen!

Schon seit Stunden war der Schlitten gepackt und stand bereit. Der Weihnachtsmann war nervös wie alle hier. Unruhig ging er vor dem Lager hin und her. Benny und Björn waren dabei, die Hunde anzuleinen. Benny redete beruhigend auf sie ein und erklärte noch einmal, worauf es ankam. Er wußte nicht, ob es Sinn hatte, ob die Hunde solche komplizierten Zusammenhänge verstehen konnten.

Dann war es soweit!

Der Weihnachtsmann stieg auf den Schlitten. Alle anderen gingen einige Schritte zurück und blickten gebannt auf das Gespann. Noch wagte der Weihnachtsmann nicht, loszufahren. Aber schließlich nahm er seinen ganzen Mut zusammen! Langsam setzte sich der Schlitten in Bewegung.

Laila tat ihr Bestes. Schneller und schneller ging es. Vor sich sah sie ein blaues und grünes Schimmern am Himmel. Dahinter funkelten die Sterne. Es war Polarlicht, das sich wie ein großes Stofftuch bewegte. Ständig veränderte es seine Farbe. Und dann bemerkte Laila das weiße Licht unter ihren Pfoten, das nun auch glitzerte. Anfangs hatte sie ein leichtes Kitzeln verspürt. Doch nun war das Gefühl weg. Laila hatte keine Angst. Und da waren wieder die fremden Gedanken in ihrem Kopf. Sie beruhigten sie und hinterließen eine Sicherheit. Es war für Laila, als hätte sie den Schlitten schon immer gezogen und erst jetzt bemerkte sie, daß sich der Schlitten schon in die Luft erhoben hatte. Das ganze Gespann schwebte gen Himmel in Richtung des Vorhangs aus Polarlicht.

Am Boden sah sie jubelnde Zwerge und im Stall erkannte sie die Rentiere. Allen war ein Stein vom Herzen gefallen. Das Weihnachtsfest konnte stattfinden!

Laila und das Rudel weiße Schäferhunde hatten es gerettet!

Die Gegend unter ihnen sauste nur so vorbei und nun kam sie Laila bekannt vor. Waren sie da nicht vor kurzem gelaufen, hungrig und müde? Da vorne kam ihr ehemaliges Gefängnis näher und bevor Laila es richtig realisieren konnte, waren sie auch schon vorbei. Laila hatte gerade noch gesehen, daß sich bereits wieder Hunde dort befanden: schwarze Schäferhunde....

copyright: Peter von Döllen