Weißer Schweizer Schäferhund - Weißer Deutscher Schäferhund

-Gedanken zur Drei-Generationen-Weiß-Regelung (FCI-Zirkular Nr. 77)

Zum 1.1.03 wurde der Weiße Schäferhund als eigene Rasse von der FCI (vorläufig) anerkannt. Die endgültige Anerkennung steht inzwischen bevor, zuständig wird dafür als standardführendes (und damit rasseverantwortliches) Land die Schweiz sein. Mit der Anerkennung änderte sich der Rassename in Berger Blanc Suisse bzw. Weißer Schweizer Schäferhund, da eine klare Abgrenzung zu anderen Schäferhundrassen, vor allem zum Deutschen Schäferhund notwendig wurde.

Der Jubel war damals groß. Die vielen Jahre der Anstrengungen und Bemühungen hatten sich endlich gelohnt. Was eher nicht bedacht wurde, waren die Einschränkungen, die eine solche Anerkennung mit sich bringen würde. Plötzlich gab es übergeordnete Stellen (VDH und FCI), auf einmal wurden "am grünen Tisch" Entscheidungen getroffen, die ein Handeln in der Zucht erfordern, das teilweise schwer verständlich war. Vor allem dann, wenn vorher jeder Verein seine Regelungen alleinverantwortlich aufstellte.

Der Einsatz von Nicht-FCI-Hunden ist so einfach nicht möglich. Es muss eine Registrierung vorausgehen und die Vereine können, einen Zuchteinsatz der nicht in einem FCI-Verein gezogenen Hunde untersagen. Beide VDH-Vereine haben diese Thematik für sich unterschiedlich gelöst. Während sich der BVWS diese Tür offen hält und weiterhin Zuchtregistrierungen von Hunden mit "nicht-FCI-Ahnentafeln" unter bestimmten Voraussetzungen zulässt, ist diese Möglichkeit im RWS ausgeschlossen.

Unsicherheit bestand von Anfang an darin, wie die sogenannten "Zufallsweißen" zu behandeln sind. Das sind weiße Schäferhunde, die außerhalb der FCI normal in die Zucht integriert sind und werden, deren Eltern oder Großeltern aber (farbige) Deutsche Schäferhunde sind. In der FCI-Zucht der Deutschen Schäferhunde dürfte dies eher selten der Fall sein, da die Farbe weiß bereits seit langem selektiert wird. In z.B. den USA und England (keine FCI-Mitgliedsländer) gibt es die Rasseunterscheidung Weißer Schäferhund und Deutscher Schäferhund jedoch nicht. Dort ist es zulässig, weiße Schäferhunde weiterhin mit farbigen zu verpaaren. Davon wird, da auch weiße Schäferhunde dort "normale" Ahnentafeln (als Deutscher Schäferhund, Farbe weiß) bekommen, auch Gebrauch gemacht. Die Folge sind zwar weiße Schäferhunde, aber keine Weißen Schweizer Schäferhunde.

Spätestens jetzt muss man unterscheiden zwischen dem, was rechtlich sein muss und was genetisch sinnvoll ist, um einer sehr jungen neuen Rasse möglichst viel mit auf den Weg zu geben.

Verwirrend?

Im Grunde nicht. Man muss sich deutlich klar machen, dass mit der Rasseanerkennung wurde ein Schlußstrich gezogen wurde. Grundlegende Voraussetzung für die Anerkennung war die Entstehung einer neuen Rasse, die sich anatomisch, farblich und charakterlich von allen vorhandenen Schäferhundrassen unterscheidet (vor allem vom Deutschen Schäferhund). Die nationalen Kennelklubs erkannten dies bereits Jahre vorher und sprachen nationale Anerkennungen aus. In Zeiten der nationalen Anerkennung (die es in Deutschland nicht gab) wurden diese weißen Schäferhunde (mit direkten farbigen Vorfahren) in fast allen Ländern sehr tolerant behandelt, d.h. die nationalen Kennelklubs sahen über eine Zuchtintegration dieser Hunde hinweg, sie akzeptierten -wissentlich oder unwissentlich sei dahingestellt- die Vorgehensweise der angeschlossenen Rasseclubs. (Die Schweiz bildete hier eine der wenigen Ausnahmen) Diese Toleranz herrscht weiterhin in vielen Ländern vor, obwohl es lt FCI-Verordnung nicht mehr zulässig ist.

Vertrauen - das wichtigste Element

Die FCI macht eine klare Unterscheidung zwischen einem Weißen Schweizer Schäferhund, der ausschließlich weiße Ahnen vorzuweisen hat und einem Deutschen Weißen Schäferhund, der einen oder mehrere farbige Vorfahren hat. HA!, sagt sich nun der Rassegeschichtekundige ... die Weißen Schweizer Schäferhunde stammen ja alle von den farbigen Deutschen Schäferhunden ab. Das ist wohl richtig, aber die farbigen Ahnen liegen bei den in Deutschland gezogenen Hunden weit zurück. Aber was ist "weit hinten"? Wie weit darf ein farbiger Hund in der Ahnentafel entfernt sein, damit der Hund selber als Weißer Schweizer Schäferhund bezeichnet werden kann?

Dies führte in der Anfangszeit zu Verwirrung. Da es keine Regelung gab, war eine tolerante Vorgehensweise zumindest nicht verboten. Durch das Inkrafttreten des Zirkulars wurde diese Unsicherheit geklärt. Es war notwendig, da die oben erwähnte Toleranz in einigen Fällen über Gebühr ausgenutzt wurde: Hauptsache, der Hund war weiß, bereits bei farbigen Elternteilen wurden die Augen zugedrückt. Der Wortlaut des Zirkulars schreibt nun DREI Generationen (alle Generationen einschließlich der Urgroßeltern) weiß vor, sofern der Hund nach dem 1.1.2003 geboren wurde.

Normalerweise müsste der Artikel nun enden - alles geklärt, alles gut. Leider ist es nicht so, denn es sind nur ganz wenige Länder und Rasseclubs, die sich daran halten. Natürlich sind es weiterhin vereinzelte Hunde mit farbigen Ahnen, die in die Zucht gelangen, dennoch hätten sie nach Regeln der FCI ausgeschlossen werden müssen.

Das Gegenargument lautet: Es gibt kein Fremdblut, diese Hunde werden dringend in der Zucht benötigt und einige nationale Kennelklubs haben ihre bisherige tolerante Vorgehensweise beibehalten. Ein einzelner Hund kann kaum Schaden anrichten, schließlich ist die Rasse in Aussehen und Charakter gefestigt.

Natürlich ist das Fremdblutargument nachvollziehbar: Je größer die Auswahl der Zuchthunde mit unterschiedlichen Blutlinien ist, desto besser. Doch im Falle dieser Hunde handelt es sich um eine andere Rasse, selbst wenn sie ähnlich ist und den Rasseursprung bildet. Mit dem Anerkennungsantrag wurde behauptet, die Weißen Schäferhunde hätten sich von den Schäferhundrassen charakterlich und anatomisch entfernt, so dass die Anerkennung als neue Rasse gegeben scheint. Das ist sicher auch richtig so, ein Weißer Schäferhund unterscheidet sich nicht ausschließlich durch das weiße Fell vom Deutschen Schäferhund. Mit Ausnutzung der weißen (deutschen) Schäferhunde werden diese Unterschiede wieder verwischt - ein Rückschritt oder eine Chance?!

Auch Rückschritte können notwendig sein, wenn die genetische Vielfalt oder die Gesundheit innerhalb der Rasse gefährdet scheint. Ist sie das? Das würde - konkret gesagt - bedeuten, dass der Weiße Schweizer Schäferhund wenige Jahre nach der vorläufigen Anerkennung nicht mehr genügend Zuchtpotential hat. Für die Gegner der Weißen ein hervorragendes Argument, die endgültige Anerkennung zu blockieren. Das wäre ärgerlich, da die Weißen Schweizer Schäferhunde zahlreich genug sind und ein ausreichendes Potential für eine weitere positive Rasseentwicklung haben. Es stehen zahlreiche Weiße Schweizer Schäferhunde zur Verfügung, die Türen für die Registrierung weiterer Hunde - mit drei weißen Generationen - stehen oft noch weit offen. Die optimale Ausnutzung des vorhandenen Zuchtpotentials wäre ein Weg, hierzu müsste jedoch die starke Fokussierung auf einige wenige (Champion/Leistungs)Deckrüden abgemildert werden. Auch die Suche nach Fremdblut und einem AVK von 100 auf fünf oder mehr Generationen ist nicht immer die optimale Zuchtentscheidung. Sie lässt sich zwar gut verkaufen, aber ein auch in gesundheitlicher Hinsicht unbekannter Fremdbluthund kann eine schlechtere Entscheidung sein als ein selten eingesetzter Hund, über den man durch jahrelange Zuchtbuchführung einiges weiß. Aber das ist schon fast wieder ein anderes Thema.

Insgesamt führt die laxe Handhabung bei der Registrierung -hauptsächlich im europäischen Ausland- zu einer unschönen Situation innerhalb der Zucht. Wer sich an die geltenden Regeln halten möchte, für den reicht es nun nicht mehr, nach zugelassenen FCI-Hunden zu schauen. Derjenige muss zusätzlich anhand der Ursprungsahnentafel überprüfen, ob sich in den ersten drei Generationen farbige Ahnen befinden. Diese Hunde haben dann zwar FCI-Ahnentafeln, diese wurden aber in Unkenntnis oder in Ignoranz des FCI Zirkulars ausgestellt. Die Folgen für die Welpenkäufer bzw zukünftigen Züchter, aber auch für die Rasseentwicklung insgesamt, sind momentan nicht abzuschätzen.

Generell gesehen ist diese Thematik nicht schwarz / weiß sehen, beide Seiten sind zu verstehen und haben gute Gründe für ihr Handeln. Lediglich derjenige, der für die Zucht (!!) einen solchen Hund importieren möchte, sollte sich bei seinem zuständigen Rasseclub unter Vorlage der Ahnentafel erkundigen, ob eine Zucht auf Grund der Papiere -obwohl von einem FCI-Mitgliedsverein ausgestellt- möglich ist. Die Zuchtzulassung auf Grund gesundheitlicher und wesensmäßiger Komponenten steht ja zusätzlich noch auf einem anderen Blatt.

copyright: Gaby von Döllen, Februar 2010

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Der Originaltext des Zirkulars:

FCI-Zirkular Nr. 77/2007 vom 21.06.2007

Weißer Schweizer Schäferhund (WS, 347)

Als für die Rasse Weißer Schweizer Schäferhund standardführendes Land teilt uns die Schweizerische Kynologische Gesellschaft ihre Besorgnis über die derzeitige Situation im Bereich Zucht und Erstellung von Ahnentafeln durch Mitgliedsländer der FCI mit. Wir teilen diese Besorgnis und stellen fest, dass selbst nach der Anerkennung der Rasse Weißer Schweizer Schäferhund (WSS, 347) am 01.01.03 (Stichtag) immer noch Einkreuzungen von nicht reinrassigen Hunden (drei Generationen) dieser Rasse vorkommen oder weiße Deutsche Schäferhunde mit einem oder mehreren farbigen Elternteilen als Weiße Schweizer Schäferhunde umgeschrieben werden.

Wir erinnern deshalb alle Mitgliederorganisationen und Vertragspartner der FCI daran, das Folgende strikt zu beachten:

1.Weisse Schweizer Schäferhunde (347) dürfen NICHT mit weißen Deutschen Schäferhunden (DS, 166) gekreuzt werden, da es sich um zwei eigenständige Rassen mit eigenen Standards handelt. Um eine korrekte Trennung dieser beiden Rassen zu gewährleisten, ist zudem auf Folgendes Acht zu geben:

2. Weiße Schweizer Schäferhunde dürfen im Zuchtbuch dieser Rasse NICHT geführt werden, wenn die Hunde ganz oder teilweise von Voreltern abstammen (drei Generationen), die nach dem 01.01.03 noch als weiße Deutsche Schäferhunde registriert waren.

3. Es ist nicht erlaubt, einen nach dem 01.01.03 als weisser Deutscher Schäferhund (DS, 166) registrierten Hund später als Weißer Schweizer Schäferhund (WS 347) umzuschreiben.

4. Zufallsweiße Deutsche Schäferhunde, mit einem oder mehreren farbigen Elterntieren dürfen nicht für die Zucht als Weiße Schweizer Schäferhunde verwendet bzw umgeschrieben werden.